Google macht jetzt auch Robotik

Gestern gab es einen Paukenschlag in der Robotik: Google gab bekannt, man habe sieben Robotikfirmen gekauft und habe vor, in Zukunft in Robotik zu in­ves­tie­ren. Mit Meka Robotics and Redwood Robotics zum Beispiel hat man zwei nicht ganz unbekannte Firmen der Robotik gekauft, die sich auf humanoide Ro­bo­ter und Arme spezialisieren.

Das ist insofern ein Pauken­schlag, als die Robotik bislang eigentlich nur in der Industrierobotik, (Nachtrag: der Medizinrobotik) und dem Militär einen wirklich kräftigen Markt hat. Die Servicerobotik ist noch großteils von Forschung, Prototypen und nur vereinzelt kommerziell erfolg­reichen Robotern wie dem Roomba, Pool­reinigungs­robotern o. Ä. bestimmt.

Dass ein Unter­nehmen wie Google nun diesen Markt angreift (vorerst nur als moon­shot-Projekt, also ein eher visionäres Unter­fangen), könnte der Robotik in diesem Bereich gehörigen Schub geben. Mit Googles selbst­fahren­dem Auto haben sie schließ­lich schon gezeigt, dass sie auf diesem Feld durchaus zu ernst­haften Ent­wick­lun­gen willens und in der Lage sind:

Googles selbstfahrendes Auto gibt Gas

Und mit dem initialen Kauf von sieben Robotik-Unternehmen und dem ehemaligen Android-Chef Andy Rubin an der Spitze zeigt Google, dass sie es durchaus ernst meinen.

Ich bin gespannt, was da noch kommt. Ob dies die Robotiklandschaft (also die Servicerobotik, abseits der Industrie- und Militärrobotik) verändern kann/wird?

Veranstaltungshinweis

Im November richtet die TU Dresden eine Autumn School zum Thema „Human Robot Interaction“ aus.

Mehr Infos gibt’s hier.

Autumn School 2013 "Human Robot Interaction"

Elastische Roboterarmkörper: Fluch oder Segen? (Teil 2)

(this article is available in English)

Grundsätzlich wird die strukturelle Elastizität in Roboter-Armkörpern bislang nachteilig gesehen. Sie verlängert Ausregelzeiten und verschlechtert die Positioniergenauigkeit. Allerdings wurde die Realisierbarkeit einer schnellen und genauen Positionierung eines gliedelastichen Roboterarms anhand von Ballfang-Experimenten exemplarisch gezeigt 1. Darüber hinaus kann die intrinsische Nachgiebigkeit jedoch auch vorteilhaft dazu ausgenutzt werden, die tatsächlich effektive Nachgiebigkeit des gesamten Arms aktiv zu beeinflussen. Wie im ersten Teil zu diesem Thema bereits dargestellt, setzt dies eine Kompensation der unerwünschten Effekte durch eine geeignete unterlagerte Regelung voraus. Dabei wurde die Wahrscheinlichkeit, auch zerbrechliche Objekte im Falle einer unvorhergesehenen Kollision zu beschädigen, deutlich gemindert.

Das obenstehende Video geht einen Schritt weiter. Beabsichtigte oder auch unbeabsichtigte Kontakte werden explizit auf Basis eines Modells der gedämpften Armdynamik detektiert und ermöglichen eine entsprechende Reaktion. Das Video stellt das gliedelastische Experimentalsystem TUDOR vor und zeigt insgesamt sieben Experimente zur Schwingungsdämpfung, zur Detektion genau wiederholbarer stumpfer wie auch scharfer Einschläge auf Luftballons sowie zerbrechlicher Christbaumkugeln, weniger exakt wiederholbarer Einschläge auf einen menschlichen Arm und schließlich zur physischen Interaktion mit dem Roboter.

Die Paare von Dehnungs-Messstreifen, die in der Nähe der Gelenke auf jedem nachgiebigen Arm appliziert sind, fungieren als lastseitige Drehmomentsensoren. Unter der Voraussetzung einer hinreichenden Schwingungsdämpfung kann die verbliebene Dynamik des Arms in Analogie zu konventionellen starren Roboterarmen modelliert werden. Diese Vorgehensweise ermöglicht die unmittelbare Anwendung von Verfahren zur Kollisionsdetektion und -reaktion, wie sie zuvor bei gelenkelastischen sowie starren Roboterarmen vorgestellt worden sind 2 .

Die dargestellen Ergebnisse verdeutlichen, dass die strukturelle Elastizität in Roboter-Armkörpern nicht zwingend als nachteilig gesehen werden muss. Vielmehr können sich mit Hilfe entsprechender Regelungsansätze aus der Ausnutzung dieser Eigenschaften neue Möglichkeiten ergeben.

Programmhinweis: 3sat Themenwoche

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Diese Woche hat 3sat eine Themenwoche „Die Macht der Maschinen“ mit vielen Spielfilmen und Dokumentationen zur vielen unterschiedlichen, gesellschaftlichen Aspekten der Robotik.

Gestern zum Beispiel mit Dokumentation zu unbemannten Drohnen, Roboter für medizinische Operationen und Pflege, etc. Die ganze Woche geht es noch spannend weiter.

3sat: Themenwoche „Die Macht der Maschinen“

Robotik-Stammtisch in Düsseldorf

Allmonatlich findet am ersten Donnerstag im Monat der Robotik-Stammtisch NRW statt. Wegen der Herkunft der Gründungs- und ständigen Mitglieder wechselt der Stammtisch in der Regel zwischen Dortmund und Bielefeld, in diesem Monat wird er allerdings zum zweiten Mal in Düsseldorf stattfinden, um auch Robotiker aus dem südlichen NRW kennenzulernen.

Termin: 6. Juli 2013, ab 19:00 Uhr

Ort: Che Guevara Havanna Bar Lounge, Düsseldorf

siehe Robotik-Stammtisch NRW

Wir freuen uns auf neue Gesichter, mit denen wir entspannt ein Getränk zu uns nehmen und über Robotik plaudern können.

Wer an weiteren Terminen und Robotik in NRW interessiert ist, dem sei auch die Robotik-Mailingliste ans Herz gelegt: robotiknrw@lists.cit-ec.uni-bielefeld.de Die Anmeldung ist frei.

Bitte weitergeben! Wir sehen uns in Düsseldorf.

DGR-Tage 2013 in München

Vom 7.-8. Oktober werden die dritten DGR-Tage der Deutschen Gesellschaft für Robotik in München stattfinden. Die Veranstaltung richtet sich wie in jedem Jahr primär an Doktoranden und junge Wissenschaftler der Robotik, und ist eine tolle nationale Bühne, um seine Arbeit vorzustellen und zu diskutieren:

„The purpose of the DGR-Days is to foster the scientific exchange among robotics researchers in Germany, in particular young researchers and doctoral students. The organizers are working on the further details which will be posted to the webpage soon.“

DGR-Tage 2013 in München

Weitersagen!

Ursprung der Technik: Roboter

Hier ein Hinweis auf einen Beitrag, den ich heute auf ZDF Info sah. Habe ihn gerade auch auf Youtube gefunden:

Ursprung der Technik: Roboter

Für mich bleibt der verwendete Roboter-Begriff immernoch etwas befremdlich und weit gegriffen. Wenngleich mich einige ungenaue und irreführende Formulierungen sowie der übermäßige Gebrauch von Superlativen etwas stört, finde ich in dem Beitrag dennoch eine nette Zusammenstellung über die historischen Anfänge der Automatisierungstechnik. Der Beitrag hat bei mir letzlich ein wenig Appetit geweckt, mich in Zukunft mit der Materie zu befassen.

Staubsaugerroboter bei Amazon im Osternest

Amazon hat zu Ostern ein sogenanntes Osternest, in dem sie in diesem Jahr zwischen dem 25. März und 1. April einige Artikel zu reduzierten Preisen verkaufen – vermutlich Restposten.

Beim Stöbern bin ich dabei auf diesen Staubsaugerroboter gestoßen, der mit einem Preis von 149 EUR äußerst günstig daherkommt: Deebot D54 Roboterstaubsauger

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Deebot D54 Roboterstaubsauger

Ich habe keine Ahnung, ob und wie viel der Deebot taugt, er liegt aber immerhin inklusive Zeitprogrammierung, Absturzsensoren, selbstständige Rückkehr zur Ladestation, etc. bei nicht mal der Hälfte des Preises, den man für den Marktführer Roomba mit vergleichbarer Ausstattung bezahlt.

Weiß jemand etwas über den Deebot? Taugt der was?

European Robotics Forum und INNOROBO 2013

Gerade komme ich zurück vom letztwöchigen European Robotics Forum 2013 (ERF), eine faszinierende Veranstaltung rund um die europäische Robotik. Faszinierend wegen ihrer Mischung aus Politik, Industrie und wissenschaftlichen Beiträgen, und dabei auch getragen von anwesenden Personen, die zu den prominenten Vertretern der europäischen Robotik zählten.

Dass auf dem Forum zusammen mit den dortigen Anhörigen die Strategic Research Agenda für die Robotik-Forschung in den EU der nächsten Jahre mitentwickelt wird, gibt dem zusätzliches Gewicht. In Workshops knien CTOs großer europäischer Robotik-Unternehmen, Robotik-Wissenschaftler und Leiter von Forschungsinstituten gemeinsam um Poster herum, um über zukünftig wichtige Themen und deren Priorisierung zu debattieren. Der Entstehung der (inhaltlichen und politischen) Richtungsentscheidungen der nächsten Jahre in der europäischen Robotik zuzusehen und mitzubekommen, dass dies in einem durchaus konstruktiven Austausch zwischen Industrie und Wissenschaft geschieht, ist eigentlich recht beruhigend.

Wer sich für die strategische Ausrichtung der Robotik, deren zukünftige Themenfelder und Prioritäten, sowie vor allem für die industrielle und akademische Sicht darauf interessiert, für den ist das ERF vermutlich die lohnendste öffentliche Veranstaltung in Europa.

Ich habe viel mit anderen Robotikern sprechen können, Herrn Marsiske vom Heise-Verlag habe ich aber leider verpasst. Der war vor Ort und hat mehrfach über das ERF und die angegliederte Robotik-Messe INNOROBO berichtet:

Ein paar Bilder von der Innorobo-Messe (Ich bitte, die Qualität zu entschuldigen, ich hatte nur meine Handykamera dabei):

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AmphiBot, der sich an Land wie ein Salamander fortbewegt …

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… und im Wasser wie eine Schlange.

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Roboter mit verbesserter Geländegängigkeit

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iCub greift nach einem Ball

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Dre BioLoid-Stand mit Humanoiden und Hexapod-Robotern

Elastische Roboterarmkörper – Fluch oder Segen?

(this article is also available in English)

Die Vermeidung unerwünschter elastischer Effekte stellt eine große Herausforderung bei der Konstruktion von Robotern dar. Sie erschweren die präzise Positionierung des Roboterarms aufgrund statischer lastabhängiger Verbiegungen und schwingen nach jeder Bewegung nach. Vergleichbare Beispiele, bei denen Elastizitäten meist unerwünscht sind, finden wir fernab der Robotik bei Baumaschinen, wie Auto-Betonpumpen, Hubwagen aber auch Feuerwehrdrehleitern.

Wie wäre es, wenn auf die Steifigkeit bei der Auslegung einer Maschine weniger Wert gelegt werden müsste, da den damit einhergehenden unerwünschten Effekten mit regelungstechnischem Mitteln begegnet werden kann? Mechanische Strukturen könnten mit schlicht weniger Material leichter gebaut werden. Infolge dessen ließen sich Antriebe kleiner dimensionieren und hätten einen geringeren Energiebedarf.

Dieser Gedanke ist genau die Idee hinter dem Forschungsthema, dass ich bearbeite. Im Rahmen des Forschungsthemas haben wir den nachfolgend dargestellten gliedelastischen Roboterarm TUDOR als Experimentalsystem entwickelt.

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Das gliedelastische Experimentalsystem TUDOR

Er wird von drei bürstenlosen Gleichstrommotoren angetrieben und besitzt zwei Federstahlbalken als elastische Armkörper. Bei einer typischen Punkt-zu-Punkt-Bewegung der Antriebe treten Schwingungsamplituden von bis zu 10 cm auf.

Auf den Roboter-Konferenzen dieser Welt werden aktuell viele Beiträge zu Robotern mit elastischen Komponenten vorgestellt. Die elastischen Komponenten werden meist in die Robotergelenke integriert. Ein sehr heißes Thema sind vor allem Gelenke, bei denen sich die elastischen Eigenschaften der Komponenten aktiv variieren lassen. Die Elastizitäten bewirken, dass die aufgrund der hohen Getriebeübersetzung üblicher Roboterarme sehr großen Trägheitsmomente der Antriebe von den Trägheitsmomenten des übrigen Arms entkoppelt werden. Das bedeutet, dass im Falle eines physischen Kontakts mit dem Roboter der Interaktionspartner eine geringere Trägheit des Armes „sieht“. Damit kann beispielsweise eine Verringerung des Gefährdungspotenzials des Roboters erzielt werden. Auf der anderen Seite speichern die Elastizitäten zusätzliche Energie, die im Falle eine Kollision freigesetzt und wiederum ein erhöhtes Gefahrenpotential (Peitscheneffekt) zur Folge haben kann. Häufig werden Elastizitäten eingesetzt, um dem Roboter zu natürlicheren und auch dynamischen Bewegungen zu verhelfen. Es ist festzuhalten, dass durch eine geeignete Regelung gezielt eingesetzte elastische Komponenten zahlreiche Möglichkeiten eröffnen.

Aus regelungstechnischer Sicht sind die elastischen Eigenschaften in den Robotergelenken am einfachsten zu beherrschen. Hier ist die Elastizität entlang der Wirkachse der Antriebe konzentriert. Überwiegt die Elastizität in den Roboter Armkörpern, so sind die elastischen Eigenschaften entlang der Armkörper und senkrecht zur Wirkachse der Antriebe verteilt. Die dadurch entstehenden Laufzeiteffekte erschweren eine Regelung des Roboterarms. Dies mag der Grund sein, aus dem derzeit vorwiegend Arbeiten zu gelenkelastischen Roboterarmen publiziert werden.

Mit TUDOR hat uns zunächst die Frage interessiert, ob wir mit einem gliedelastischen Roboterarm trotz der Schwingungen und last- und konfigurationsabhängigen variablen Verbiegungen eine zielgerichtete Aufgabe präzise in geforderter Zeit erledigen können. Als Demonstration hierzu haben wir uns, wie im nachfolgenden Bild dargestellt, das Fangen eines Balles ausgedacht.

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Ballfangen-Szenario

Ein menschlicher Werfer wirft den Ball in Richtung des Roboters. Die Flugbahn wird mittels einer Kinect-Kamera ermittelt und der Durchstoßpunkt der Flugbahn mit der Bewegungsebene des Roboters berechnet. Bevor der Ball am Roboter vorbei fliegt, bewegt der Roboter ein am Armende montiertes Netz dorthin und fängt den Ball damit auf. Das Resultat haben wir im nachfolgenden Video zusammengefasst:

A multi-link-flexible robot arm catching thrown softballs.

Sofern die Schwingungen regelungstechnisch unterdrückt und Abweichungen aufgrund statischer Verbiegungen kompensiert werden können, ließen sich in manchen Anwendungen diese elastischen Eigenschaften vielleicht nicht mehr nur als Problem verstehen. Vielmehr könnten elastische Eigenschaften vielleicht auch ausgenutzt werden, um beispielsweise Kontaktsituationen zu erkennen und darauf zu reagieren. Mit aktiv geregelten moderat gelenkelastischen Roboterarmen wurde dies ja bereits eindrucksvoll gezeigt.

Bezüglich gliedelastischer Roboter ist die Dämpfung auftretender Schwingungen bislang noch das dominierende Thema in Publikationen.

In den vergangenen Tagen konnten wir hier womöglich einen ersten Schritt über die reine Schwingungsdämpfung hinaus machen. Basierend auf einer Kraftregelung ist es uns gelungen ein Regelungskonzept zu entwickeln, bei dem wir die Schwingungen der mechanischen Struktur eines Roboterarms unterdrücken und zugleich die Nachgiebigkeit aktiv beeinflussen können. Einige Experimente dazu haben wir in nachfolgendem Video festgehalten:

Video zur Kraftregelung eines gliedelastischen Roboterarms

In dem Regelungskonzept wird die Information über die auf die Robterarme einwirkenden Kräfte mittels Dehnungsmessstreifen erfasst und individuell auf die Antriebsregler zurückgeführt. Auf diese Weise werden Schwingungen in der Armstruktur unterdrückt obgleich sie von der Gelenkbewegung oder der Interaktion mit der Umgebung herrühren. Zusätzlich lässt sich die Nachgiebigkeit des Roboterarms derart beeinflussen, dass wir mit sehr wenig Kraft den Roboterarm aus seiner aktuellen Position schieben können und die Wahrscheinlichkeit fragile Objekte bei einer unvorhergesehnen Kollision zu zerbrechen deutlich reduziert wird.

Also: elastische Roboterarmkörper – Fluch oder Segen? Trotz dieser Experimente sind noch zahlreiche Herausforderungen zu meistern und fragen zu beantworten. Dennoch scheint es mir, als schlummertem in den Elastizitäten der Armkörper nicht nur Probleme, sondern auch Potenziale.

Ich freue mich darauf zu sehen, wo die Reise noch hinführen wird.