Telenoid R1 und das Uncanny Valley

Das Uncanny Valley (englisch für „unheimliches Tal“) ist die Bezeichnung für einen psychologischen Effekt, der in der Robotik bei humanoiden Robotern auftritt. Der Effekt ist scheinbar widersprüchlich, aber deutlich messbar. Er bewirkt, dass humanoide Roboter dem Menschen nicht in dem Maße vertrauter werden wie sie ihm ähnlicher werden.

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Das Uncanny Valley, das unheimliche Tal

Bis zu einem gewissen Maße ist dies zwar der Fall: Ein ASIMO ist uns vertrauter als eine Blech­büch­se. Aber ir­gend­wann kippt dieser Ef­fekt und wir be­gin­nen, uns zu gruseln. Es ist der Moment, in dem unser Un­ter­be­wusst­sein beginnt, in dem Roboter tat­säch­lich eine mensch­li­che Ge­stalt zu erkennen. Unser Un­ter­be­wusst­sein be­ginnt in dem Mo­ment al­ler­dings auch, an diese mensch­­li­­che Ge­­stalt all die An­sprüche zu stellen, die wir an einen Men­schen stellen. Wir erwarten Mimik, dass sich der Brust­korb beim Atmen bewegt, dass die Augen mit uns Blick­kontakt aufnehmen, viel­leicht blinzeln und wir erwarten vor Allem weiche, natür­liche, mensch­liche Bewegung. Sehen wir eine mensch­liche Gestalt (die gilt übrigens im gleichen Maße für animierte Figuren etwa in einem Com­pu­ter­spiel) und vermis­sen diese Aspekte, signa­li­siert uns unser Unter­be­wusst­sein, dass irgend­etwas nicht stimmt. Schuld ist hier wie so oft unser Fort­pflan­zungs­trieb, der uns po­ten­tiel­le Partner kon­ti­nu­ier­lich auf Hin­weise auf Fehl­bild­ungen oder Krank­hei­ten absuchen lässt.

Der Effekt lässt sich wie gesagt messen und wie in obiger Grafik darstellen (entnommen der Wikipedia). Die Grafik zeigt in rot die intuitive Annahme, dass die (emotionale) Akzeptanz mit der Menschenähnlichkeit steigt und in blau die tatsächliche Akzeptanz, die kurz vor der Menschenähnlichkeit dramatisch einknickt und den Betrachter verstört.

Zurück zur Robotik: Das Uncanny Valley zu Umschiffen ist für die Erbauer humanoider Roboter eine wichtige Frage. Wollen Sie den Roboter für die Interaktion mit dem Menschen erbauen (und das ist bis auf wenige Ausnahmen bei Humanoiden der Fall), ist einem mit einem Roboter, der den Betrachter verstört, nicht viel geholfen.

Viele Entwickler entscheiden sich deshalb bewusst für eine schemenhafte, manchmal gar comic-hafte Gestalt, die uns schon vertraut ist, aber bewusst nicht ähnlich genug, um ins Uncanny Valley zu geraten. An dieser Stelle wollte ich auf ursprünglich auf den iCub verweisen, der für mich ein gutes Beispiel darstellt. Ein Kommentar in meinem Beitrag zum iCub zeigt jedoch, dass es da offenbar deutliche Unterschiede gibt. Simon ist vielleicht ein noch besseres Beispiel.

Und damit komme ich zum ursprünglichen Antrieb für diesen Blogbeitrag: Ein neuer Roboter auf der internationalen Bildfläche der Telenoid R1:

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Telenoid R1

Der Roboter ist nicht nur ein humanoider, sondern er ist sogar ausdrücklich zur Kommunikation mit einem Menschen konstruiert. Er ist ein Telepräsenzroboter und damit dafür gedacht, einen Diskussionspartner zu vertreten, der irgendwo auf der Welt in eine Kamera spricht. Der Roboter gibt die Sprache weiter und versucht, die mit der Kamera aufgezeichnete Gesichtszüge und Mimik nachzuahmen.

Die reduzierte Gestalt des Roboters ist Absicht und soll erlauben, dass der Telepräsenzroboter sowohl weibliche als auch männliche, sowohl junge als auch ältere Gesprächspartner repräsentieren kann.

Hier scheint es mir doch deutlich der Fall zu sein, dass die Uncanny-Valley-Empfindung im japanischen Raum entweder eine komplett andere ist oder von dem allgemeinen Robotik-Enthusiasmus schlicht überschrieben wird. Dass jemand 6.000 Euro bezahlt (der geplante Preis bei Markt-Einführung), um sich in einem Gespräch von dem merkwürdig anmutenden Telenoid mit seinen Stummelarmen vertreten zu lassen, scheint mir in westlichen Ländern mindestens unwahrscheinlich. Das Konzept, die Telepräsenz auf die Art und Weise durch die physische Präsenz eines Avatars noch realistischer zu machen, ist mir zwar einleuchtend, aber wer will schon während der Telepräsenz tief im Uncanny Valley sitzen?

Und hier sieht man den Roboter im Einsatz, für mich sieht das nicht nach einer besonders vorteilhaften Gesprächssituation aus:

Demonstration eines Ferngesprächs mit dem Telenoid

Der Telenoid kommt übrigens von dem gleichen Schaffer, Hiroshi Ishiguro, der auch schon für den Geminoid verantwortlich zeichnet, der ähnliche Reaktionen hervorrief.

Samurai-Roboter serviert die Speisen und tanzt

Wir hatten in diesem Blog schon einmal Roboter gezeigt, die Speisen zubereiten und servieren, auch ein Roboter von Motoman war damals dabei. Was die Japaner dort in ihrem Retsaurant gezeigt haben (inklusive Schwertkampf zwischen den Robotern) wird allerdings vom Shabu-Shabu-Restaurant Hajime in Thailand getoppt. Der Roboter serviert die Speisen in fancy Samurai-Kluft:

Motoman-Roboter serviert in Samurai-Kluft

Richtig absurd wird es aber, wenn dem Roboter langweilig wird: Dann wird nämlich sogar noch eine Tanzeinlage geboten. Im Hintergrund ist ab und zu zu erkennen, dass auch ein einarmiger Roboter hinter dem Tresen noch mittanzt.

Roboter-Kellner mit Tanzeinlage

Ich kann es kaum erwarten, dass sowas endlich auch in Europa auftaucht. Für ein normales Restaurant oder romantisches Abendessen eignet es sich eher nicht, aber ein Ausflug wäre ein solches Restaurant immer wert. Und es würde zudem helfen, dass wir in Sachen Roboter-Akzeptanz nicht völlig von den Asiaten abgehängt werden. Ein freundlicher Roboter, der die Speisen serviert und vergnüglich tanzt, nimmt bestimmt etwas Skepsis vor den Maschinen.

Via engadget Germany.