So, nach nunmehr drei Tagen am Austragungsort der DARPA Robotics Challenge in Pomona mit viel zu viel Fastfood und wenig Schlaf nehme ich mir die Zeit ein paar Eindrücke über botzeit zu teilen.
Zum Hintergrund des Walkman Projekts
Der Roboter ist 1.85 groß und wiegt etwa 120 kg. Der gesamte Roboter wurde in nicht mehr als 10 Monaten entwickelt, gefertigt und erstmalig in Betrieb genommen. Als ich im Januar in Genua ankam, steckten die extern gefertigten Teile noch in der Zollabfertigung fest…
Als schließlich alle Teile im Institut angekommen waren, wurde der Roboter binnen zwei Wochen zusammengebaut und in Betrieb genommen. Zu diesem Zeitpunkt blieb uns für die Fertigstellung der Qualifikationsvideos für die DRC Finals dann noch ein knapper Monat Zeit.
Auch nach der Qualifikation blieb nicht viel Zeit zum Durchatmen. Während der Qualifikationsexperimente hatten sich ein paar Tücken sowohl in der Hardware, wie auch in der Software offenbart. Alles andere wäre vermutlich auch sehr überraschend gewesen…
Am vergangenen Samstag sind wir schließlich hier in Pomona nahe Los Angeles angekommen und bereiten uns seither auf den Wettkampf vor.
Eine Art Tagebuch
Sonntag: Registrierung, Begrüßung und Instruktionen
Der Sonntag Vormittag dient im Wesentlichen der Orientierung hier vor Ort. Es ist das einzige Zeitfenster, in dem wir einen kurzen Blick auf die Gegend um Los Angeles erhaschen und einige wenige Sehenswürdigkeiten besuchen können. Nach der Registrierung am Nachmittag findet dann die offizielle Begrüßung und Auftaktveranstaltung statt. Ein kurzer Überblick über die Daten und Fakten zum Event: es sind etwa 600 Team-Mitglieder angereist, betreut wird die Veranstaltung von 300 freiwilligen DARPA-Mitarbeitern. Zahlreiche internationale Pressevertreter haben sich angekündigt. Darunter unter anderem: ARD, BBC News, Daily Planet, IEEE Spectrum, MIT Technology Review, NBC News, Playboy.com, Spiegel Online, TEDx, ZDF.
Montag: der Einzug in die Team Garage
Wir bekommen ab 08:00 Uhr Zugang zu unserer Team Garage. Das ist der Ort, wo wir unsere Rechner, unsere Werkstatt, den Roboter und eine kleine Trainingsumgebung aufbauen.
Wir verbringen den ganzen Tag weitestgehend mit dem Einzug, dem Aufbau der Arbeitsplätze und ausgiebigen Tests des Roboters. Die beste Nachricht des Tages:
Walkman ist gesund und munter angekommen. Der Roboter funktioniert einwandfrei. Auch das restliche Equipment hat den Transport unbeschadet überstanden.
Für die meisten endet dieser erste Tag etwa um Mitternacht mit dem Rückweg zum Hotel.
Dienstag: Modultest
Um 09:00 Uhr geht es für mich weiter. An diesem Tag steht Lokomotion im Fordergrund. Wir sind unsicher, wie Walkman mit dem unebenen Wettkampfgelände und vorhandenen Steigungen zurecht kommen wird. Entsprechend werden nach dem Transport einige Modellparameter überprüft und rekalibriert sowie Reglereinstellungen verfeinert.
Am Nachmittag können wir erstmalig den Roboter in eines der von der DARPA für den Wettkampf zur Verfügung gestellten Autos setzen und unsere Fahrzeugmodifikationen für diese Aufgabe testen.
Anschließend haben sowohl Roboter als auchTeam einen offiziellen Fototermin.
Am Abend geht es weiter mit Lokomotion. Eine Holzplatte und ein paar Balken dienen dienen als Testplattform. Wir testen das Stehen, Laufen und Drehen auf der Stelle auf der hölzernen Ebene mit bis zu 8° Grad Neigung. Der Roboter meistert die Tests und wir beenden unsere Arbeit sehr zufrieden um 03:00 Uhr am Morgen. Wir werden von den Jungs abgelöst, die nun das Autofahren testen werden. Die Kollegen vom IHMC haben uns freundlicherweise zu diesem Zweck bis 11:00 Uhr ihren Polaris Ranger überlassen. Mille mille grazie dafür!
Mittwoch: Manipulation Day Öffnen und Durchschreiten der Tür, Ventil-Aufgabe
Heute steht Manipulation auf der Tagesordnung. Im speziellen das Öffnen und Durchschreiten einer Tür, sowie das Drehen eines Industrieventils. Bei den Arbeiten bereitet uns das linke Kniegelenk Probleme. Einer der Magnetencoder versagt den Dienst. Am Morgen war bereits ein Fehler in der Leistungselektronik aufgetreten. Mir gibt der Ausfall die Zeit, diese Zeilen zu schreiben, während unsere Techniker daran arbeiten, nicht nur das defekte Teil zu ersetzen, sondern auch die Ursache für den Ausfall festzustellen…
Die Atmosphäre in der Garage:
Insgesamt ist die Atmosphäre sehr angenehm. Insbesondere das Miteinander mit den übrigen Teams empfinde ich als sehr angenehm. Die Halle hier ist voll von Menschen, die mit großer Begeisterung an ihren Robotern arbeiten. Bis auf ein einziges Team hängt in jeder Garage ein grünes Schild, dass die Aufnahme von Fotos und Videos ausdrücklich erlaubt. Die Wissenschaftler und Techniker laufen von Garage zu Garage und informieren sich wissbegierig über die Konstruktion, Hard- und Software der anderen Teams. Die eigenen Erfahrungen werden meist gerne geteilt und wie es aussieht, knüpfen manchmal nicht nur Menschen, sondern auch Roboter neue Kontakte:
Insgesamt gehen alle Teams sehr hilfsbereit miteinander um. Man leiht sich gegenseitig Ersatzteile und Werkzeug. Gegen Abend zeigt sich dann, welche Teams schon lange dabei sind und entsprechend eine ausgereifte Hard- und Software vorweisen können. Diese Teams verlassen ihre Garage am Abend und genießen ein wenig Freizeit. Andere Teams, die noch jung im Rennen sind und meist ihre Roboter vollständig selbst gebaut haben, bleiben bis in die Nacht hinein. Viele arbeiten im Schichtbetrieb – so wie wir.
Turniamo a’lavoro!